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Wie wir mit Krebs psychisch stark bleiben können
Die Krebsdiagnose ist ein massiver Stressor, der nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche belastet. Gesundheitspark-Partner Dr. Holger Rumpold verweist am Weltkrebstag auf die Resilienzforschung in der Onkologie und die Wichtigkeit von gezielter Unterstützung.
Es war ein sonniger Morgen, als Anna die Diagnose erhielt, die ihr Leben für immer verändern sollte: Krebs. Der Moment, als der Arzt die Worte aussprach, schien die Welt um sie herum stillzusetzen. Doch der Schock war nur der Anfang eines langen Weges. Was viele nicht wissen: Eine Krebsdiagnose ist nicht nur eine körperliche Belastung. Sie belastet auch die Seele – in einem Ausmaß, das oft unterschätzt und nicht mit ausreichender Aufmerksamkeit begegnet wird. Genau hier setzt unter anderem auch die Resilienzforschung an, ein Thema, das Gesundheitspark-Partner Dr. Holger Rumpold am Weltkrebstag heuer besonders hervorhebt.
Resilienz: Der Schlüssel zur inneren Stärke
Resilienz ist die Fähigkeit, sich von Belastungen zu erholen und psychische Stärke zu bewahren, selbst in den dunkelsten Zeiten. In der Onkologie ist dieses Konzept, insbesondere in der Phase der Diagnosestellung, von zentraler Bedeutung, denn während der Kampf gegen den Krebs oft körperlich sichtbar ist, bleibt der psychische Kampf häufig unsichtbar. „Es geht nicht nur darum, den Krebs zu überstehen“, erklärt Prim. Priv.-Doz. Dr. med. univ. Holger Rumpold. „Es geht darum, auch die psychische Gesundheit während und nach der Behandlung zu bewahren und das Erlebte für sich verstehbar zu machen und für das weitere Leben integrierbar zu gestalten.“
Die Resilienzforschung hat längst erkannt, dass Resilienz kein statisches Merkmal ist. Sie ist kein Talent, das man entweder hat oder nicht. Resilienz ist ein dynamischer Prozess, der sich entwickeln und mit der Zeit gestärkt werden kann. Das bedeutet, auch Menschen, die psychische Belastungen erleben, können resilient bleiben – es kommt darauf an, wie sie mit ihren inneren Ressourcen umgehen.
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Foto: Louis Reed - Unsplash
Was passiert im Kopf, wenn der Körper erkrankt?
Krebs verändert nicht nur den Körper, sondern auch das Gehirn. Studien zeigen, dass der immense Stress, der mit einer Krebsdiagnose einhergeht, das Gehirn in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Die Amygdala – unser Angstzentrum – und der Hippocampus, der für das Gedächtnis verantwortlich ist, können durch chronischen Stress in Mitleidenschaft gezogen werden. Diese Veränderungen können die Fähigkeit der Patient*innen beeinträchtigen, mit täglichen Belastungen umzugehen.
In den ersten Phasen der Krankheit, besonders bei der Diagnose und den schwierigen Entscheidungen zur Behandlung, sind Patient*innen besonders verletzlich. Der Stress kann überwältigend sein, und viele fühlen sich hilflos. Doch Resilienzforschung zeigt: Einige Patient*innen entwickeln trotz dieser enormen Belastung eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich wieder zu stabilisieren. Sie erholen sich von der anfänglichen Verzweiflung und finden Wege, ihre psychische Gesundheit zu bewahren.
Kleine Stressoren, große Auswirkungen
Neben den großen Stressfaktoren, wie der Diagnose und der intensiven Behandlung, gibt es auch alltägliche Belastungen, die sogenannten Mikrostressoren – die winzigen, oft unscheinbaren Stressfaktoren, die sich im Alltag ansammeln. Ein missverstandener Kommentar eines Freundes, ein verlorenes Dokument oder der alltägliche Verkehrsstress können Krebspatient*innen besonders stark belasten. Diese kleinen Ereignisse, die für viele Menschen nur geringe Auswirkungen haben, können bei Krebspatient*innen die chronische Belastung weiter verstärken.
Wie können wir Resilienz fördern?
Die Resilienzforschung hat verschiedene Ansätze entwickelt, um Patient*innen auf ihrem Weg zu unterstützen. Eine davon ist das sogenannte Ecological Momentary Assessment (EMA), bei dem Patient*innen über eine App regelmäßig gefragt werden, wie sie sich fühlen und welche Stressfaktoren ihre Stimmung beeinflussen. Solche regelmäßigen Rückmeldungen helfen nicht nur dabei, Muster zu erkennen, sondern ermöglichen es auch, gezielt auf die Mikrostressoren zu reagieren.
„Belastungen in wertschätzender Umgebung, die ohne Bewertung auskommt, anzusprechen und zu wissen, man ist nicht alleine und nicht nur in den körperlichen Ausprägungen von Krebserkrankungen gesehen wird, ist sehr wirksam. Dies folgt der Vorstellung, wie von Thure von Uexküll formuliert, dass wir nicht ‚kranke Körper ohne Seele oder leidende Seelen ohne Körper‘ sind, als vielmehr immer beides betrachten und behandeln sollte“, weiß Dr. Rumpold.
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Foto: Pablo Heimplatz - Unsplash
Der Weg zur psychischen Gesundheit trotz Krebs
Der Facharzt fasst es treffend zusammen: „Am Beispiel der Resilienzforschung zeigt sich, wie wichtig es ist, nicht nur den physischen, sondern auch den psychischen Bedürfnissen von Krebspatient*innen aufmerksam zu begegnen und entsprechende Unterstützung zu bieten.“ Denn am Ende ist es die Fähigkeit zur Anpassung, die darüber entscheidet, wie gut jemand mit den Herausforderungen von Krebs umgeht. Resilienz kann nicht nur helfen, die psychische Gesundheit während der Behandlung zu erhalten, sondern auch nach dem Überstehen der Krankheit eine gesunde Lebensweise zu fördern.
Indem wir Schutzfaktoren aktiv unterstützen und Interventionen in den Alltag integrieren, können wir Krebspatient*innen helfen, die Reise mit einer größeren inneren Stärke zu meistern. Vielleicht ist es nicht der Krebs, der am Ende den Sieg davonträgt – sondern die unerschütterliche Kraft der Resilienz.
Fünf Tipps zur Förderung der Resilienz bei Krebspatient*innen
1. Resilienz ist erlernbar. Jeder kann lernen, besser mit stressigen Situationen umzugehen und sich nach belastenden Erlebnissen zu erholen.
2. Schutzfaktoren erkennen und stärken. Dazu gehören positive Denkmuster, soziale Unterstützung und die Fähigkeit, schwierige Situationen in einem größeren Kontext zu sehen.
3. Mikrostressoren nicht unterschätzen. Auch kleinere, alltägliche Stressoren können das psychische Wohlbefinden beeinträchtigen.
4. Psychische Belastungen ernst nehmen. Auch wenn Stress und Angst normal sind, können gezielte Resilienzstrategien und therapeutische Unterstützung helfen, diese zu bewältigen.
5. Stressbewältigungstechniken erlernen. Die Auseinandersetzung mit Techniken wie Achtsamkeit, Meditation oder Atemübungen kann helfen, akuten Stress zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
In der klinischen Praxis
Dr. Holger Rumpold ist Leiter der Abteilungen Hämatologie mit Stammzelltransplantation und Medizinische Onkologie am Ordensklinikum Linz. Als Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie kombiniert er langjährige klinische Erfahrung mit einem tiefen Verständnis für die psychischen Aspekte von Krebserkrankungen.
Sein Ansatz integriert Körper und Seele, um Patient*innen in allen Phasen ihrer Erkrankung ganzheitlich zu unterstützen – sowohl medizinisch als auch psychotherapeutisch (Existenzanalyse und Logotherapie). Sein Ziel ist es, psychische Gesundheit während der Behandlung und langfristig durch einen dialogischen Klärungsprozess zu fördern.
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Prim. Priv.-Doz. Dr. med. univ. Holger Rumpold
gesundheitspark, onkologie, krebs, forschung, seele, körper, psyche